"Berg und Tal" rüsten zum Derby
Freundschaften unter den Fußballern
Seit Wochen drehen sich die Gespräche an den Wirtshaus-Stammtischen des Städtchens an der Wiesent nicht um den "ruhmreichen" Nürnberger Club oder die Münchner Bayern, sondern um ein Fußballspiel der Kreisliga Erlangen/Forchheim.
Am Samstag um 16 Uhr empfängt der "große Bruder" den kleinen: Der TSV Ebermannstadt den Liganeuling aus dem Ortsteil Moggast. Gastgeber TSV rechnet mit der Rekordkulisse der Saison. Denn für den Anhang beider Vereine ist es "das Spiel des Jahres", und das aus mehreren Gründen. Der erste ist wohl, dass sich die "Ebser" und der SV Moggast erstmals in dessen 27-jähriger Geschichte in einem Spiel gegenüberstehen, bei dem es um Ligapunkte geht. Als ein zweiter muss berücksichtigt werden, dass die Moggaster ihren Höhenflug bis hinauf in die Kreisliga quasi als "TSV-Filiale" geschafft haben: mit einer Reihe von Spielern, die früher "unten im Tal" beim TSV die Stiefel geschnürt haben. Sechs Akteure aus dem aktuellen Moggaster Aufgebot, allen voran Co-Trainer Martin Vogler sind "alte Ebser".
Auf der anderen Seite TSV-Trainer Michael Schmidt: Der ging in den 80er Jahren "vom Tal auf den Berg" und trainierte die Moggaster zwei Mal, insgesamt fast sieben Jahre. Auch der "Michel" nahm damals aus der Stadt Spieler mit. Und seitdem sind sich die eingefleischten Anhänger beider Vereine - Nachbarschaft hin, Verwandtschaft her - nicht immer unbedingt grün. "Am Samstag brennt die Hütte" ist TSV-Trainer Schmidt überzeugt und auch SV-Trainer Thomas Merz spricht von Brisanz des Spiels zwischen "Stadt" und "Dorf". Was für die Fans gilt, gilt nicht unbedingt für die Mannschaften. Seit Jahren sitzt die im Stammtisch mit dem beziehungsreichen Namen "Berg und Tal" beisammen, sind befreundet, teilweise verwandt. Zum Beispiel wird am Samstag Michael Schmidts Neffe Thomas das Moggaster Tor hüten. Daher sind die Trainer beider Seiten seit Tagen bemüht, die Rivalität der Anhänger von ihren Spielern fern zu halten. Merz: "Natürlich ist es für uns gegen den großen Stadtverein um Punkte eine große Sache, aber die Spieler haben kein Feindbild."
Michael Schmidt sieht das ähnlich: "Sportlich ist es eines von 30 Kreisligaspielen für jeden und um mehr als drei Punkte gebt es auch nicht." Gleichgültig, wer sich die holt: "Nach dem Spiel werden wir uns mit den Moggastern zu einer ordentlichen Brotzeit zusammensetzen", kündigt Michael Schmidt einen freundschaftlichen Ausklang einer Partie an, in der zuvor der Ehrgeiz natürlich schon angestachelt ist. Merz: "Wir sind in der Rolle wie Unterhaching gegenüber Bayern München. Schon die beiden Vereine haben völlig unterschiedliche Voraussetzungen und sportlich sind wir als Aufsteiger sowieso klarer Außenseiter. Was nicht heißt, dass wir uns keine Überraschung ausrechnen." Die wiederum kann sich der TSV, im eigenen Stadion zumal, keineswegs leisten. Schmidt: "Wenn wir in der Spitzengruppe der Kreisliga dabeibleiben wollen, und das wollen wir, muss ein Sieg her."
Vor dem Kräftemessen sind beide Mannschaften in der Tabelle gleichauf mit sechs Punkten. Von Ebermannstadt hatte man nichts anderes erwartet. Spätestens das glatte 5:1 der Elf beim hoch gewetteten TSV Höchstadt bestätigte, dass mit dem TSV heuer bei der Titelvergabe zu rechnen sein sollte. Aufsteiger Moggast fertigte erst Weilersbach 4:0 ab und schoss den TSV Geschwand auf dessen Platz 5:1 ab. Die folgende 2:6-Pleite gegen Titelanwärter Langensendelbach schmeckte Trainer Merz zwar wegen der Höhe nicht, "ist aber auch kein Beinbruch. Denn unser Ziel ist Klassenerhalt und dabei stehen wir noch ganz gut da". So sieht das auch Martin Vogler: "Wir haben schon sechs Punkte gegen den Abstieg."
Neben den jeweils sechs Punkten haben die beiden Vereine noch eine Gemeinsamkeit. Sie setzen auf Trainer-Tandems. Moggast ging letzte Saison voran, als man auf Martin Vogler als Kopf der Mannschaft auf dem Spielfeld und auf Thomas Merz als seinen Partner am Spielfeldrand setzte - wie man inzwischen weiß mit Erfolg. In Ebermannstadt will man das heuer nachmachen. Michael Schmidt und Holger Feinermann sind die gleichberechtigten Trainer, die das Ziel haben, mit einer überwiegend bodenständigen Mannschaft an frühere gute Fußballtage des TSV anzuknüpfen. Im morgigen Derby sieht das Tandem Merz/Vogler die Rollen klar verteilt: "Es geht darum, uns gut zu verkaufen und gegen ein Spitzenteam der Liga weiter Erfahrung zu sammeln." Merz hat vor allem vom TSV-Mittelfeld Respekt: "Eines der besten in der Kreisliga." Michael Schmidt dagegen will von zuviel Vorschusslorbeer für sein Team nichts wissen: "Moggast wird auf jeden Fall versuchen, uns eins auszuwischen" erwartet er ein von hohem Einsatz bestimmtes Derby. Im Stadionheftchen hat Sportsmann Schmidt einen Appell an alle Zuschauer erlassen, die Wertschätzung des Nachbarvereins nicht aus dem Auge zu lassen. "Wir sollten stolz darauf sein, in unserem Stadtgebiet zwei Mannschaften in der wohl heuer interessantesten Liga zu haben", sagt der TSV-Trainer, unter den Zuschauern wird auch Bürgermeister Franz Josef Kraus sein, dem der Ruf vorangeht, "Moggast-Fan" zu sein. Ganz "überparteilich wird er dem TSV den Spielball, aber auch dem SV ein solches "Arbeitsgerät" mitbringen.
Aufgebot Ebermannstadt: Rüdiger Beck, Matthias Vogel, Alex Kohlbauer, Thomas Schimann, Florian Kohlbauer, Jörg Rösch, Matthias Reznik, Matthias Neuner, Stefan Alt, Conny Berndt, Michael Hutzler, Dieter Büttner, Thomas Hoffmann, Zdravko Milinkovic.
Aufgbot Moggast: Thomas Schmidt; Udo Rakay, Ralf Hofmann, Thomas Roth, Markus Lang, Daniel Wölfel, Thomas Klimke, Martin Vogler, Rainer Knoll, Stefan Müller, Uwe Brunner; Harald Reichold, Wolfgang Baier, Christian Sponsel, Claus Gladanyuk, Klaus Buchdrucker.
(Quelle: Nordbayerische Nachrichten 01.09.2001)